‘Würde des Menschen ist unantastbar”.
Minister Jost enthüllte gestern im Rohbau des Schleusengebäudes der Forensik die Grundstein- Tafel mit dem ersten Satz des Grundgesetzes.
Justizminister Reinhold Jost hat gestern in Merzig an der saarländischen Klinik für forensische Psychiatrie im Rohbau des entstehenden Schleusengebäudes, dem zukünftigen zentralen Eingangsbereich, die neue Grundstein-Tafel enthüllt. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, dieser Satz prangt auf der mächtigen, von der Designerin Eva Rusch konzipierten blauen Betontafel. „Gerade da, wo der Staat Freiheit entzieht und andere Grundrechte einschränkt, müssen die grundlegenden Voraussetzungen individueller und sozialer Existenz des Menschen erhalten bleiben“, betonte der Minister. „Den ersten Satz aus unserem Grundgesetz sollen alle Menschen, die in dieser Klinik ein- und ausgehen werden, bewusst wahrnehmen“, führte Jost weiter aus.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ sei auch Grundlage und Orientierung für das Tun und Handeln im saarländischen Maßregelvollzug. Der Minister: „Dieses unveräußerliche Menschenrecht bildet nicht nur als Grundstein das Fundament des Gebäudes, sondern ist übergeordneter Grundsatz in der Praxis der saarländischen Klinik für forensische Psychiatrie.“ Würde bedeute, dass der Mensch niemals zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht werden dürfe. Diese Idee gehe auf Immanuel Kant zurück, sie beruhe auf dem Gedanken, dass sich der Mensch seine eigenen Gesetze gebe und nach ihnen handele. Das unterscheidet den Mensch laut Kant auch von anderen Wesen. Der Mensch erkenne die Welt, könne über sich nachdenken, deshalb sei er Subjekt, nicht Objekt. Wenn aber über einen Menschen entschieden, über seinen Kopf bestimmt werde, werde er zum Objekt. „Er verliert seine Würde, sie wird ihm genommen“, erklärte Jost weiter.
Das gelte insbesondere für die, die eine Straftrat gegen einen Menschen begangen hätten. Die Unrechtstat gegen einen Mitmenschen verletze diesen in seinen Rechten, seiner Freiheit und damit in seiner Würde. „Trotz begangener Straftat ist die Würde des Täters aber nicht infrage zu stellen,“ betonte der Justizminister, „die Menschenwürde bleibt ihm als verfassungsrechtlich garantierter Anspruch erhalten.“ Aus dem Blickwinkel des Opfers falle diese Sichtweise schwer. Jedoch habe in unserer Rechtsordnung auch der psychisch und suchtkranke Straftäter Anspruch darauf, mit Hilfe geeigneter therapeutischer Möglichkeiten eine Chance zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft eingeräumt zu bekommen. Jost: „Der Patient soll darüber hinaus in der Therapie lernen, die Würde seiner Mitmenschen wieder zu respektieren.“
Der Maßregelvollzug habe den gesetzlichen Auftrag der Therapie und zugleich des Schutzes der Allgemeinheit. Als Institution müsse die saarländische Klinik für forensische Psychiatrie im Spagat zwischen therapeutischem Anspruch und öffentlichem Sicherheitsempfinden agieren. Jost: „Auch wenn der Maßregelvollzug um die Wiederherstellung der Würde bemüht ist, obliegen ihm zugleich Maßnahmen, die mit der Aufrechterhaltung der Patientenwürde auf den ersten Blick schwer vereinbar scheinen: von der Begutachtung über den Freiheitsentzug bis zur unbefristeten Unterbringungsdauer und einer Behandlungen, deren Auftraggeber nicht der Patient, sondern der Staat ist.“
Dr. Aloysius Annen, Leiter der Merziger Forensik, betonte, dass der im Entstehen befindliche Neubau modernen Maßregelvollzug auf qualitativ hohem Niveau ermögliche. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ bedeute für ihn und seine Mitarbeiter, dass man jeden Patienten unabhängig von seinem Delikt und seiner Herkunft respektiere und ihm alle erforderlichen therapeutischen Maßnahmen zukommen lasse, ihn unterstütze und nach besten Kräften rehabilitiere.
Zum Thema:
Der Neubau für die Forensik Exakt sechs Monate nach dem Richtfest im benachbarten Stationsgebäude wurde gestern in Merzig die Grundsteintafel an der saarländischen Klinik für forensische Psychiatrie enthüllt. Begonnen hat die Baumaßnahme im Januar 2015. Die Fertigstellung ist für Anfang 2018 vorgesehen. Daran schließt sich der Probebetrieb an, so dass der Klinikneubau im Frühjahr 2018 belegt werden kann. In dem künftigen Stationsgebäude werden 60 Patienten auf drei geschlossenen Stationen mit jeweils 20 Betten untergebracht und behandelt werden. Mit dem Ersatzneubau ist keine Erweiterung der aktuellen Bettenzahl von 140 verbunden. Über das Stationsgebäude hinaus wird zeitgleich ein zentrales Schleusengebäude errichtet, das den Ein- und Ausgang der saarländischen Klinik für forensische Psychiatrie kontrolliert regeln und somit wesentliche Sicherungsaufgaben übernehmen wird. Minister Reinhold Jost betonte gestern, dass die Arbeiten nicht nur zügig im geplanten Zeitrahmen ablaufen, sondern auch der vorgegebene Kostenrahmen von 17 Millionen Euro eingehalten werde. „Es zeigt, dass das Land bauen kann!“, befand Jost.
Quelle: Saarbrücker Zeitung